Bericht der Online-Konferenz: In Zeiten von Klimawandel und Biodiversitätsverlust – wie kann Dach- und Fassadenbegrünung gelingen?
Am Mittwoch, den 2. März 2022 luden Oekozenter Pafendall und Mouvement Ecologique zu einem Online-Austausch mit Dr. Gunter Mann, Präsident des Bundesverbandes Gebäudegrün ein. Ziel der Veranstaltung war es Planer:innen, Architekt:innen, ausführende Betriebe, Gemeindevertreter:innen, Vertreter:innen von Ministerien und Gemeinden aber auch interessierte Privatpersonen zu versammeln, um die Thematik der Gebäudebegrünung am Beispiel von umgesetzten Projekten zu besprechen und so den weiteren Ausbau von Gebäudebegrünung voranzutreiben. 52 Personen nahmen am Online-Austausch teil.
Die Stadt Umfrageergebnisse – Staat und Gemeinden müssen mit gutem Beispiel vorangehen
Zu Beginn der Veranstaltung gewährten die Veranstalter einen kurzen Einblick in einen Teil der noch unveröffentlichten Resultate der Umfrage zum Thema „Méi Gréngs an eise Stied an Diefer“, welche im November 2021 bei betroffenen Akteuren durchgeführt wurde.
Besonders hervorzuheben ist, dass 97% der Teilnehmer:innen der Aussage zustimmen, dass der Staat und die Gemeinden mit gutem Beispiel vorangehen und öffentliche Gebäude naturnah begrünen und eine endsprechende Pflege sicherstellen müssen. Auch die Sensibilisierung – sowohl von Bürger:innen als auch gegenüber Gemeinden, Studienbüros usw., positive finanzielle Anreize bzw. eine entsprechende Beratung für Privatpersonen, aber auch eine verbindliche Festlegung von Gebäudebegrünung auf nationaler oder kommunaler Ebene und negative finanzielle Anreize (wie z.B. eine Versiegelungssteuer) bekamen durchaus positives Feedback. Weitere Anmerkungen gelten der Kompatibilität von Dachbegrünung und Photovoltaik-Anlagen, aber auch z.B. den Installationen der Haustechnik, welche oft auf Dachflächen angebracht werden. Hier liegt der Fokus vor allem auf der Planung, bei welcher alle Ansprüche aufeinander abgestimmt werden müssen. Zusätzlich wünschen sich einige Teilnehmer:innen eine bessere Kommunikation, konkrete Richtlinien und einen Erfahrungsaustausch um eventuellen negativen Auswirkungen einer flächendeckenden Begrünung von Dächern und Fassaden entgegenzuwirken. Hier wird z.B. die Bewässerung mit Leitungswasser genannt. Die gesamten Ergebnisse der Umfrage werden in kürze auf www.meco.lu und www.oekozenter.lu.
Eigenschaften und Bedürfnisse der Gebäudebegrünung
Im weiteren Verlauf der Veranstaltung stellte Herr Mann kurz die verschiedenen Ausführungsmöglichkeiten von Dach- und Fassadenbegrünung, sowie deren spezifischen Eigenschaften und Bedürfnisse vor:
- extensive vs. intensive Dachbegrünung;
- Biodiversitätsgründach bei welchem durch eine Vielfalt an Pflanzen und Strukturen (wie z.B. Totholzhaufen und Sandhaufen) eine Vielfalt an Tieren bedient werden;
- Begrünung am Steildach;
- bodengebundene vs. wandgebundene Fassadenbegrünung; Bodengebundene Fassadenbegrünung mit oder ohne Kletterhilfe.
Kompatibilität von Dachbegrünung und PV-Anlage
Auch wurde auf die Kompatibilität von Dachbegrünung und PV-Anlage eingegangen und darauf hingewiesen, dass wenn diese gut aufeinander abgestimmt sind, der Ertrag der PV-Anlage durch die Begrünung gesteigert werden kann. Auch kann die Begrünung so eingesetzt werden, dass sie die PV-Module beschwert, und diese somit nicht mehr am Dach verankert werden müssen.
Regenwasserrückhalt und Bewässerungssysteme
Ein weiterer wichtiger Punkt war sowohl die Bewässerung der grünen Strukturen, als auch der Regenwasserrückhalt, welcher durch verschiedene Aufbausysteme der Dachbegrünung, auch in Kombination mit Speicherzisternen, mehr oder weniger sichergestellt werden kann: Stichwort Retentionsgründach. Grundsätzlich wurde festgehalten, dass eine Bewässerung mit Regen- oder Grauwasser einer Bewässerung mit Trinkwasser immer vorzuziehen ist. Um einen möglichst niedrigen Ressourcenverbrauch zu generieren, sollte die Gebäudebegrünung so umgesetzt werden, dass sie ohne Trinkwasserbewässerung funktionieren kann.
Damit die Kombination mit PV-Anlage und die Fragen der Bewässerung und Regenwasserretention optimal gelöst werden können, ist es unerlässlich, dass die Begrünung von Anfang an im Planungsprozess mitberücksichtigt und prioritär mit eingeplant wird.
Konkrete Projekte aus Luxemburg
Im Verlauf der Veranstaltung stellten fünf weitere Akteure, konkrete Projekte aus Luxembourg vor:
Marc Jacoby, Umweltberater bei der Gemeinde Kayl, stellte ein Programm zur Förderung von Dach- und Fassadenbegrünung vor, über welches Bürger:innen der Gemeinde mit bis zu 1.000€ bei der Umsetzung von Dach- und Fassadenbegrünung unterstützt werden. Auch die Gemeinde Junglinster bietet ihren Bürger:innen seit Herbst 2021 bis zu 1.500€ finanzielle Unterstützung bei der Umsetzung von Dach- und Fassadenbegrüng. Bei beiden Gemeinden ist die Nachfrage (bis jetzt) jedoch sehr begrenzt. Woran dies liegen könnte, darauf hatte Herr Dr. Mann die Antwort, dass die Förderprogramme der Gemeinden zwar löblich seien, die Höhe der Fördergelder wäre, vor allem für die Fassadenbegrünung, jedoch nicht an die Realität der Umsetzungskosten angepasst und würde so nur wenige Privatpersonen überzeugen können eine Begrünung umzusetzen. Auch müsse immer noch gegen falsche Vorurteile bezüglich Fassadenbegrünung angekämpft werden.
Carlo Scacchi, Umweltberater bei der Gemeinde Differdingen, stellte gleich mehrere Initiativen der Gemeinde vor, über welche sie z.B. Unterstände in der Grünzone mit einer Dachbegrünung ausrichten oder Bürger:innen der Gemeinde seit Herbst eine Kletterrose oder Trompetenblume für den Vorgarten zur Verfügung stellen. Besonders gelobt wurde an dieser Aktion, dass die Pflanze von der Gemeinde (CIGL) gepflanzt wird und es auch angedacht ist, dass die Gemeinde die weitere Pflege der Kletterpflanze übernimmt.
Charel Faltz, technischer Ingenieur bei der Gemeinde Waldbredimus, stellte ein Projekt auf der Grundschule in Trintange vor, bei welchem Gründach und PV-Anlage kombiniert wurden. Da das Projekt erst im Herbst 2021 umgesetzt wurde, lagen noch keine Vergleichswerte zu PV-Anlagen auf unbegrüntem Dach vor. Eine solche Auswertung ist aber angedacht.
Tom Dall’Armellina, verantwortlich für den urbanen Naturschutz bei der Biologischen Station SIAS und zertifizierter BuGG Fachberater für Dach- und Fassadenbegrünung, stellte das Beratungsangebot des SIAS in Sachen Fassaden- und Dachbegrünung vor. Die (noch nicht vollständig abgeschlossenen) Bestandsanalyse bei 20 SIAS Gemeinden zeigte auf, dass eine Gemeinde 14 Gebäude mit einer Dachbegrünung ausgestattet hat, 14 Gemeinden auf mindestens einem Gebäude und 5 Gemeinden auf keinem Gebäude Dachbegrünung haben. Fassadenbegrünung haben nur 5 Gemeinden an mindestens einem Gebäude. Diese Zahlen stehen in großem Wiederspruch zu den vorgestellten Ergebnissen der Umfrage, in welcher 97% der Befragten der Aussage zustimmen, dass der Staat und die Gemeinden mit gutem Beispiel vorangehen und öffentliche Gebäude naturnah begrünen müssen. Hier gibt es also noch viel Nachholbedarf. In diesem Zusammenhang wurde auch die Aufstellung bzw. Integration von Gebäudebegrünung in die Baustandards für öffentliche Gebäude angesprochen. Der SIAS bietet ab sofort nicht nur seinen Mitgliedsgemeinden, sondern auch Privatpersonen, die in SIAS-Gemeinden wohnen, eine Orientierungsberatung in Sachen Gebäudebegrünung. Bei dieser Beratung können Möglichkeiten an konkreten Projekten vorgestellt und diskutiert werden. Die detaillierte Planung und Ausführung sollte aber dann von einem speziell dafür ausgebildeten und zertifizierten Betrieb durchgeführt werden.
Informieren Sie uns über Ihr Gebäudebegrünungsprojekt:
Das Oekozenter Pafendall und der Mouvement Ecologique haben Gemeinden und ausführende Betriebe aufgerufen, ihre Projekte aus Luxemburg einzureichen. Ziel ist, eine Sammlung an Good-Practice Beispielen in Sachen Gebäudebegrünung zusammenzustellen und zu veröffentlichen. Projekte (Fotos und Infos zum Standort) können noch bis zum 20. März an michelle.schaltz@oeko.lu gesendet werden.
Im März 2021 organisierten Oekozenter Pafendall und Mouvement Ecologique Online-Fachseminare zu den Themen Dachbegrünung Fassadenbegrünung. Die Video-Aufnahmen sowie die Folien der Referenten können auf www.naturelo.meco.lu angesehen werden.
Diese Veranstaltung war Teil der Kampagne „Méi Gréngs an eise Stied an Dierfer“, finanziell unterstützt vom Ministerium für Umwelt, Klima und Nachhaltige Entwicklung.