Schön bunt und voller Überraschungen – Wie sich Wildbienen und Co an Gebäudegrün laben
Dass sich Gebäudebegrünung generell positiv auf die Artenvielfalt auswirkt, ist mittlerweile bekannt. Doch Grün ist nicht gleich Grün. Der Fachkongress des Bundesverbands Gebäudegrün im April 2024 in Düsseldorf bot unserer Bauberaterin ein Füllhorn an interessanten Erkenntnissen dazu, wie etwa Dachbegrünungen gezielt Wildbienen und anderen Insekten zugutekommen können.
Mehr Stadtgrün! Dies ist bereits seit 2021 das Hauptanliegen unseres gemeinsamen Projekts „Méi Gréngs an eise Stied an Dierfer“. So durften wir den Fachkongress des Bundesverbands GebäudeGrün (BUGG), welcher dieses Jahr der Förderung der Biodiversität durch Gründächer und Fassadenbegrünung gewidmet war, auf keinen Fall verpassen.
22 Experten stellten vom 24. bis 25. April 2024 ihr Fachwissen über Biodiversität, gesetzliche Rahmenbedingungen, wissenschaftliche Untersuchungen, Praxisbeispiele sowie Förder- und Zertifizierungsprogramme vor. Das Publikum, ebenfalls alles Akteure aus dem Fachbereich, konnte sich seinerseits in die Podiumsdiskussionen mit Fragen oder Anregungen miteinbringen. Kurzum: Es fand ein reger und sehr inspirierender Austausch zwischen den Expert:innen statt.
Dächer als horizontale Insektenhotels
Eine Dachbegrünung kann keinen Naturraum ersetzen. Doch gerade in zersiedelten urbanen Räumen, können Dächer als Trittsteine zwischen oft weit voneinander entfernten „grünen Inseln“ dienen und die Insekten zum Verweilen und Vermehren einladen und sich somit sehr positiv auf die Biodiversität auswirken.
Dies ist sowohl bei extensiven (Substrathöhe zwischen 6-15 cm) als auch bei intensiven (ab 15 cm Aufbauhöhe) Dachbegrünungen der Fall. Denn es kommt nicht nur auf die Pflanzenwahl an. Schon einfache Maßnahmen wie das Einrichten von Totholzhaufen, Sandlinsen oder Substrathügel sorgen dafür, dass Insekten auf dem Dach passende Habitate vorfinden. Wussten Sie zum Beispiel, dass 2/3 aller Wildbienen sogenannte Bodennister sind? In der Tat greifen die meisten Wildbienenarten auf solche Sandlinsen (aus ungewaschenem stabilem Sand!) oder auf Erdhügel für ihre Habitate zurück. So belegen eine ganze Reihe von Monitoring-Projekten eindeutig, dass eine höhere Strukturvielfalt zu mehr Artenvielfalt auf dem Dach führt.
Durststrecken richtig überbrücken
Es ist unstrittig, dass Gebäudebegrünung sich generell positiv auf das Mikroklima im urbanen Raum auswirkt. Bei der extensiven Dachbegrünung wird aufgrund der niedrigen Substrathöhe allerdings oft auf die relativ trockenheitsresistenten Sukkulenten zurückgegriffen. Diese geben das in den Blättern eingelagerte Wasser jedoch nicht über Verdunstung wieder an die Umwelt ab. Sie tragen also nicht zur Kühlung der Umgebung bei, zudem dienen sie nur wenigen Insekten als Nahrungsquelle. Es ist daher empfehlenswert, auf solchen Flächen eher auf Trockenrasen zu setzen, da sie eine reichere Nahrungsquelle für die Insekten und eine höhere Verdunstungs- bzw. Kühlleistung für die Umgebung bieten.
Insgesamt ist das Thema Wasser nicht zu vernachlässigen. Durch den Klimawandel bedingte Hitzeperioden oder Starkregenereignisse rücken die Frage nach dem Wassermanagement auf dem Gründach zunehmend in den Mittelpunkt der Planung. Durch wasserspeichernde Substratschichten wie z.B. Lavagestein oder Retentionselemente wird ein Teil des Niederschlags zurückgehalten und dient der Bepflanzung als Wasserreserve, um Trockenperioden besser zu überstehen. Eine regenwasser- oder grauwassergespeiste Notbewässerung sollte inzwischen auch immer miteingeplant werden, damit bei länger anhaltenden Trockenperioden die Begrünung nicht verloren geht.
Auf die Vielfalt kommt es an
Es sollte auch beim Saatgut eine möglichst große Arten-Bandbreite eingesetzt werden, denn je nach Wetterbedingungen finden sich dann immer Pflanzen, die sich trotz widriger Wetterverhältnisse etablieren können. Bei der Samenwahl sollte man auch auf bedrohte Pflanzen („rote Liste“ z.B. auf der Webseite des Natur Musée) setzen, die sich für den ausgewählten Standort eignen, um diese zielgerichtet zu fördern und Biodiversität und Klimaanpassung miteinander zu verbinden.
Übrigens lassen sich Photovoltaik-Module und Gründächer wunderbar auf sogenannten Solar-Gründächern kombinieren. Es muss lediglich darauf geachtet werden, dass es zu keiner Verschattung der Module durch die Bepflanzung kommt. Deswegen sollten hier nur Pflanzen, die nicht höher als 15-20 cm werden, zum Einsatz kommen. Ansonsten muss das Solar-Gründach – wie alle anderen Gründächer auch – regelmäßig (also ein bis zwei Mal im Jahr) gepflegt werden, um zu verhindern, dass durch Flugeintrag gewachsene Bäume und Sträucher sich dauerhaft dort etablieren und für Verschattung oder Bauschäden sorgen.
Fazit: Es gibt schier unerschöpfliche Möglichkeiten, wie Sie auf dem eigenen Dach oder an der eigenen Fassade einen Beitrag zur Artenvielfalt leisten können. Hierbei kommt es vor allem auf eine gute Planung an, um Probleme oder Enttäuschungen zu vermeiden.
Thécla Kirsch, bauberodung@oeko.lu, berät Sie gern.
Außerdem können alle Interessierten sich in der zweiten Jahreshälften an Mitmach-Aktionen zu Fassadenbegrünung beteiligen. Weitere Informationen zu unserer Aktioun „Mir begréngen eis Fassaden“ finden Sie hier.