Konferenz Solidarische Landwirtschaft (CSA): Bericht

Am Montag, den 11. Juli 2016 organisierte die Ekologesch Landwirtschaftsberodung des Oekozenter Pafendall und der Lëtzebuerger Jongbaueren a Landjugend in Zusammenarbeit mit dem Mouvement Ecologique eine interessante und gut besuchte Informationsveranstaltung über das Modell der Solidarischen Landwirtschaft (auch CSA Community Supported Agriculture genannt) im Lycée technique agricole in Ettelbrück.

Den persönlichen Bezug zwischen Konsument und Produzent wieder aufbauen: dies ist Teil der Grundidee der solidarischen Landwirtschaft (SoLawi oder CSA) und für beide Seiten äußerst reizvoll. Ein landwirtschaftlicher Betrieb bzw. ein Betriebszweig produziert nicht mehr (nur) für den freien und anonymen Markt, sondern für einen festen Kreis von Mitgliedern. Dieser finanziert durch einen Beitrag direkt die Produktion einer Saison des landwirtschaftlichen Betriebes bzw. Betriebszweigs. Im Gegenzug erhalten die Mitglieder die Erzeugnisse dieser Kooperation. Von diesem persönlichen Bezug profitieren Erzeuger und Verbraucher gleichermaßen. Der Konsument weiß wo, wie und von wem seine Lebensmittel produziert wurden, der Produzent hat garantierte Abnehmer und ein gesichertes Einkommen.

Solidarität der Konsumenten mit den Bauern

Wolfgang Stränz, Mitgründer des ersten SoLawi-Hofes in Deutschland (www.buschberghof.de), stellte in seinem einleitenden Vortrag die Geschichte der solidarischen Landwirtschaft vor, wie sich die Idee über die Landesgrenzen verbreitete und er 1988 die konkrete Umsetzung der Idee in Angriff nahm. Er unterstrich dabei vor allem, dass Solidarität in den Projekten nicht nur eine leere Worthülse ist, sondern auch, dass die Konsumenten für „ihren“ Hof in schwierigen Zeiten einstehen. Dies erfordert vor allem eine gute Kommunikation, für die vom Landwirt ein gewisser Zeitaufwand erbracht werden muss. Das gegenseitige Vertrauen stellt seiner Meinung nach die Basis eines solchen Projektes dar. Deshalb sei eine Rechtsform von Seiten der Mitglieder, sei es in einem Verein oder ähnlichen Strukturen nicht nötig. In den 25 Jahren als Schatzmeister der SoLawi hat er diesbezüglich fast keine negativen Erfahrungen gemacht. Der Jahresbeitrag kann vom Mitglied je nach Einkommenshöhe anhand von Richtsätzen gewählt werden. Menschen aus allen sozialen Schichten können somit Mitglied des Buschberghofes werden, was auch der Fall ist. Multiplikationsfaktoren für Projekte der solidarischen Landwirtschaft sind sowohl die Initiativen selbst, die per se in ständigem Kontakt mit der umliegenden Bevölkerung stehen und demnach gute Öffentlichkeitsarbeit leisten, als auch Koordinationsnetzwerke wie der Verein „solidarische Landwirtschafts e.V.“ in Deutschldand. Seit der Gründung dieses Koordinationsnetzwerkes im Jahr 2008 hat sich die Anzahl der SoLawi-Betriebe verzehnfacht.

Das neue Agrargesetz und solidarische Landwirtschaft

Marc Fiedler vom SER erklärte in seinem Vortrag die gesetzlichen Rahmenbedingungen des neuen Agrargesetzes für die Landwirtschaft und vor allem, welche Fördermöglichkeiten und Investitionsbeihilfen es im Kontext einer solidarischen Landwirtschaft gibt. Vor allem die Tatsache, dass ein bzw. mehrere Landwirte eines Hofe mindestens 40 % des Kapitalwertes des Betriebes besitzen müssen um Anspruch auf Investitionsbeihilfen zu haben, sorgte im Saal für Diskussionen. Eine Regelung, die verhindern soll, dass sich Großinvestoren in der Landwirtschaft einkaufen, könnte für SoLawi-Projekte in dem Fall zum Hindernis werden, wenn sich die Mitglieder an den Hofstrukturen zu einem großen Teil per Anteilskauf finanziell beteiligen.

Ein Fleischviehbetrieb in den Vogesen macht es vor

Mathieu Bordage, Landwirt in den Vogesen, der sein Fleisch über das Prinzip der solidarischen Landwirtschaft vermarktet – in Frankreich AMAP (Association pour le maintien d’une agriculture paysanne) genannt – begann 2004 als Quereinsteiger mit nur wenig Rindern und einigen Schafen. Er konnte jedoch mithilfe der Kundenbindung schnell Fuß fassen, auch wenn es anfangs nur ca. 20 Personen waren, die sein Fleisch abnahmen und ihm erklärten, seine ganze Jahresproduktion abkaufen zu wollen. So konnte er seinen Hof, frei von großem Risiko mit Unterstützung der AMAP-Mitglieder, in seinem Sinn gestalten. Mittlerweile verteilt er insgesamt 6 Körbe an 54 Mitglieder im Jahr von denen jeder 10 kg Rind-, 10 kg Kalb-, und 10 kg Lammfleisch erhält. Damit hat er sein Produktionsmaximum erreicht. Als positiv unterstrich er, dass er nicht dem Wachstumszwang des freien Marktes unterlegen ist, was ihm ermöglicht, den Arbeitsaufwand in einem menschlichen Maß zu halten.

Aufbau einer vielfältigen Produktion durch ein kleineres finanzielles Risiko

Für Landwirt Mathias von Mirbach vom Kattendorfer Hof nördlich von Hamburg war das Prinzip der solidarischen Landwirtschaft eine gute Möglichkeit, seinen Betrieb ohne großes finanzielles Risiko immer weiter zu diversifizieren. Vom Mastschweinbetrieb wurde der Kattendorfer Hof komplett in einen Milchviehbetrieb mit hofeigener Käserei, Gärtnerei und Obstverarbeitung umstrukturiert. Nicht nur Komplikationen oder Ausfälle bei der Produktion sind durch die Nähe zum Konsumenten leichter zu vermitteln, die Verbraucher sind auch bereit, mehr für bessere Qualität zu zahlen, da der Mehraufwand direkt kommuniziert werden kann. So war es dem Kattendorfer Hof u.a. möglich, eine Bewässerungsanlage für die Kartoffelproduktion über die Mitglieder zu finanzieren, um einen höherwertigeren Kartoffelanbau umsetzen zu können. Der Kattendorfer Hof verzichtet nicht auf EU-Agrarsubventionen wie es einige Höfe aus verschiedenen Gründen tun. Preislich liegt eine Mitgliedschaft beim Kattendorter Hof bei 182 € pro Monat für eine Vollversorgung einer erwachsenen Person mit Grundnahrungsmitteln (bzw. 149 € für eine vegetarische Variante). Der Referent stellte klar, dass eine Direktvermarktung über Hofläden neben der Verteilung der Erzeugnisse gleichzeitig möglich ist. Der administrative Aufwand in einer SoLawi hält sich in seinem Fall mit 10 Stunden in Grenzen.

Gemüsebaubetrieb TERRA – ein luxemburgisches Vorzeigebeispiel

Pit Reichert vom luxemburgischen Gemüsebaubetrieb TERRA referierte über die Beziehungen des Betriebes zu seinen Kunden. Die Kooperative betreibt seit 2014 Gemüseproduktion auf kleinster Fläche in Luxemburg-Stadt. Die Betriebskosten werden von 187 Mitgliedern getragen, die während der Saison dafür wöchentlich einen Gemüsekorb erhalten. Die Nachfrage ist weiterhin groß: Für die nächste Saison stehen 20 Personen auf der Warteliste um Mitglied werden zu können. Das Gemüse wird an verschiedenen Verteilstationen u.a. in Luxemburg-Stadt, Bouneweg und Esch ausgegeben. Die Ausgabe wird dabei von den Mitgliedern übernommen.

Mögliche Rechtsformen für die solidarische Landwirtschaft

Der letzte Vortrag von David Hiez, Professor für Privatrecht an der Uni Luxemburg, befasste sich mit den juristischen Formen, die ein Projekt der solidarischen Landwirtschaft annehmen kann. Der Referent erläuterte die Vor- und Nachteile, die sich aus den verschiedenen juristischen Formen ergeben. Eingehend auf Herrn von Mirbach und den Kattendorfer Hof, deren Verbrauchergemeinschaft ohne Rechtsform existiert und die Produkte bezieht, wies er darauf hin, dass es keine juristische Patentlösung für die solidarische Landwirtschaft gibt und dass es durchaus möglich ist auch ohne Rechtsform zu existieren. In Luxemburg ist wenig durch das Genossenschaftsrecht geregelt, sodass es möglich ist, eine Kooperative mithilfe ihrer Statuten sehr frei nach der eigenen Vorstellung zu gestallten. Eine weitere relativ freie Möglichkeit ist die Form der asbl, wobei hier jedoch bei kommerziellen Aktivitäten von den zuständigen Behörden Grenzen gesetzt werden. Eine weitere juristische Form neben der klassischen sàrl, snc (société en nom collectif) wäre die Association agricole.

Die Infoveranstaltung zum Nachhören gibt es unter folgendem Link.

Gegen einen Unkostenbeitrag von 5 € kann die neue aid-Broschüre Solidarische Landwirtschaft – so funktioniert’s (aid-Broschüre) beim Oekozenter Pafendall bestellt werden. Nur solange der Vorrat reicht.

Buchtipps:

Gemeinsam auf dem Acker, Bettina Dyttrich, Giorgio Hösli im Rotpunktverlag.

AMAP, histoire et expériences Annie Weidknnet

beide in der Bibliothek des Oekozenter ausleihbar.

Une autre finance pour une autre agriculture – Editions Yves Michel

Internet:

www.solidarische-landwirtschaft.org

www.loramap.org

Presse:

Dossier 100,7

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