Online-Konferenz: „Wie können Staat und Gemeinden das Reparieren von Geräten fördern?“

Wie können Staat und Gemeinden das Reparieren von Geräten fördern? So der Titel einer Online-Konferenz die gemeinsam von Oekozenter Pafendall und Mouvement Ecologique im Rahmen der Konvention mit dem Umweltministerium am 23. Februar 2022 organisiert wurde.

Nach einer Begrüßung durch Thierry Lagoda, Mitarbeiter des Oekozenter Pafendall, in welcher dieser die Frage aufwarf mit welchen Anreizen Staat, Kommunen aber auch Konsument:innen zu mehr Reparatur bewegt werden können, führte Christine Ax vom Runder Tisch Reparatur die Konferenz weiter.

Christine Ax, die sich schon über 30 Jahre mit Fragen zur Nachhaltigkeit sowie mit der Rolle und Entwicklung des Handwerks beschäftigt, stellte gleich am Anfang dar, dass für die meisten Produkte der Energieverbrauch sowie die Weiterverarbeitung von Ressourcen im Vordergrund stehen. Je länger wir also Produkte benutzen, desto energie- und ressourceneffizienter werden sie.

Laut der Referentin kann zudem eine  Reparatur-Kultur nur ermöglicht und gefördert werden, wenn wir uns nicht nur auf die Reparatur von Elektronikgeräten beschränken. Deshalb beschäftige sich Runder Tisch Reparatur zum Beispiel mittlerweile auch exemplarisch mit Schuhen.

Recht auf Reparatur heißt, dass für alle Nutzer:innen von Produkten die Reparatur so einfach wie möglich gestaltet wird, sei es anhand einer Selbst-Reparatur oder durch den  Zugang zu Orten und Anbietern die reparieren können. Als eines der größten Probleme, identifiziert Christine Ax, dass Reparaturen zur Zeit im Vergleich zu einem Neukauf noch relativ teuer sind. Die Verfügbarkeit sowie die Kosten von Ersatzteilen seien hierbei ausschlaggebend!

Betreffend des Reparatur-Indexes (siehe Erklärungen zum zweiten Referat) warnt die Referentin, dass dieser nicht zu einem green-
washing-Instrument werden darf. Sie würde eine Mehrwertsteuer-Halbierung begrüßen. Gleiches gilt für den Reparatur-
bonus. Auch dieser hat laut Referentin eine Chance verdient, um z.B. freie Reparaturwerkstätten zu erhalten. Laut Runder Tisch Reparatur sollte dieser Bonus aber nur für Reparaturbetriebe vor Ort gelten die auch herstellerunabhängig sind.  Aufpassen müsste man jedoch, dass dieser Bonus nicht zu einem Obsoleszenz-Bonus werde.

Ax zufolge nach wäre es gerade in kleineren Kommunen interessant, Reparatur und Wiederverwendung mit Arbeitsinitiativen zu verbinden, sprich Synergien zu schaffen. Eine Forderung, die der Mouvement Ecologique bereits mehrmals im Rahmen der Umorientierung der aktuellen Recycling-Zentren zu Ressourcen-Zentren, erstellt hat. Was die aktuelle Situation im Handwerksbereich betrifft so gibt es in Österreich  – ähnlich wie in Luxemburg – massive Probleme beim Nachwuchs. Bisher fehle ein Konzept, ein Berufsbild sowie die passenden Ausbildungsgänge, um dieses attraktiver zu gestalten.

Marie Hervier-Collas (Koordinatorin für Wiederverwendung und Reparatur bei der der Agence de la transition écologique (ADEME) in Angers (Frankreich) führte die Teilnehmer:innen der Konferenz in die Themen des Reparaturfonds und des Reparaturindexes ein. Der Reparaturfonds wurde erst Anfang 2022 in Frankreich eingeführt. Der Reparaturindex hingegen wurde 2021 gesetzlich verbindlich. Der Fonds, wie auch der Index sind neue Instrumente, bei welchen die Erfahrungswerte noch begrenzt sind.

Ziel des Reparaturfonds ist es, die Reparaturkosten für den Konsumenten soweit wie möglich zu senken, um die Bereitschaft zur Reparatur zu erhöhen. Das Konzept der erweiterten Herstellerverantwortung soll somit in das Konzept der Kreislaufwirtschaft integriert werden.

Aktuell werden 6 Wirtschaftssektoren mit dem Fonds abgedeckt:

Elektrische und elektronische Geräte -> 102 M€

Spielzeugartikel -> 100.000 €

Sport- und Freizeitartikel -> 35 M€

Hobby- und Gartengeräte -> 9,5 M€

Einrichtungsmöbel -> Betrag noch nicht festgelegt

Textilien, Haushaltswäsche und Schuhe -> Betrag noch nicht festgelegt

Die reglementarische Basis für den Fonds stellt das Gesetz vom 10. Februar 2020 mit dem Acronym AGEC dar. Verantwortlich für die Finanzierung und Steuerung des Fonds in Frankreich sind die sogenannten „Eco-organismes“. Dies sind Organisationen, wie in Luxemburg die Ecotrel, die die Verpflichtungen von Herstellern und Importeuren in Bezug zur Ressourcenverwaltung übernehmen.

Das französische Dekret vom 27. Februar 2020 legt die Bedingungen für den Einsatz dieses Fonds und den dafür vorgesehenen Finanzrahmen über ein Lastenheft fest. Die Höhe der Finanzmittel, die die Organisationen dem Fonds zuweisen, darf nicht weniger als 10 % der geschätzten Kosten für die Reparatur von Produkten betragen, die unter ihre Zulassung fallen und sich im Besitz von Verbrauchern befinden.

Im zweiten Teil ihrer Präsentation, ging Hervier-Collas detaillierter auf den französischen Reparaturindex ein. Dieser wird mittlerweile auch außerhalb von Frankreich genutzt, wie z.B. in Luxemburg bei der Handyliste auf Oekotopten.lu. Das Gesetz vom 10. Februar zur Bekämpfung von Verschwendung und zur Kreislaufwirtschaft legt den reglementarischen Rahmen für den Index fest.

Über 5 Kriterien wird die Reparaturfähigkeit eines Gerätes festgelegt:

  1. Dokumentation
  2. Dauer der Verfügbarkeit der technischen Dokumentation und der Dokumentation zu Gebrauchs- und Pflegehinweisen
  3. Demontierbarkeit und Zugang, Werkzeuge und Befestigungen
  4. Leichtigkeit der Demontage von Teilen
  5. Benötigte Werkzeuge
  6. Eigenschaften der Befestigungen
  7. Verfügbarkeit von Ersatzteilen
  8. Dauer der Verfügbarkeit von Teilen
  9. Lieferzeit der Teile
  10. Preis der Ersatzteile
  11. Verhältnis Preis der Teile zum Preis des neuen Produkts
  12. Spezifisches Kriterium
  13. Zugänglichkeit des Nutzungszählers
  14. Kostenloser Fernsupport
  15. Möglichkeit eines Software-Resets

Aktuell existiert der Reperaturindex für folgende Geräte: Waschmaschinen, Computer, Fernsehgeräte, Handys und Rasenmäher.

2022 sollen folgende Produkte folgen: Trockner, Geschirrspüler, Staubsauger und Hochdruckreiniger.

Die europäische Kommission entwickelt seit längerer Zeit einen eigenen Reparaturindex, der für den europäischen Binnenmarkt in den Einsatz kommen soll und das aktuelle Energielabel erweitern wird.

Aktuell arbeitet die ADEME an einem Nachhaltigkeitsindex, der Angaben zur Reparatur, Energieeffizienz und graue Energie vereinigen wird.

Im Anschluss folgte ein reger Austausch wo zum Teil die Rolle und der Ist-Zustand des handwerklichen Sektors,  die programmierte Obsoleszenz u.v.m. besprochen wurde.