Regenwassermanagement

Am 1. April 2021 lud das Oekozenter Pafendall und der Mouvement Ecologique zur vierten  Fachveranstaltung der Webinar-Reihe „Méi Gréngs an eise Stied an Dierfer“ ein. Thema war ein neuer Umgang mit Regenwasser im Siedlungsraum, zur Anpassung an den Klimawandel, zur Überflutungsvorsorge und zur Bewässerung der Grünen Infrastruktur.

Die erste Referentin, Dr.-Ing. Elke Kruse ist Landschaftsarchitektin und seit mehreren Jahren freiberuflich als Expertin für Überflutungs- und Hitzevorsorge in Städten tätig. Seit Anfang 2020 arbeitet sie zudem in der Klimaleitstelle der Hansestadt Lübeck. In ihrem Vortrag machte Frau Kruse deutlich, warum es einen neuen Umgang mit Regenwasser im Siedlungsraum braucht: Als Hauptgründe nannte sie die zunehmende Flächenversieglung, die Auswirkungen des Klimawandels (Temperatur & Niederschläge), Starkregenereignisse, sowie Gewässer- und Überflutungsschutz. Allgemein gilt: „Im Winter haben wir zuviel Wasser – im Sommer zu wenig“. Eine intelligentes Regenwassermanagement sollte dies berücksichtigen und, wo möglich, auch der Bewässerung der Grünanlagen zugutekommen.

Anhand von Schemas, aber auch konkreten Umsetzungsbeispielen, zeigte die Referentin auf, wie grüne und blaue Infrastrukturen, sprich Bäume, „Pocketparks“, offene, begrünte Rigolen aber auch Fassaden- und vor allem auch Dachbegrünung und grüne Netzwerke sowie das Prinzip der Schwammstadt, Regenwasser zurückzuhalten und lokal verdunsten und versickern lassen. Durch diese Maßnahmen wird nicht nur die Kanalisation enorm entlastet, auch das Mikroklima profitiert nachweislich erheblich von Grünelementen und -flächen, da sie durch Beschattung und Verdunstung die Temperaturen in den Städten deutlich senken.

Das Prinzip der wassersensiblen Stadt und Freiraumentwicklung geht sowohl auf die Ökologie (naturnaher Wasserhaushalt) als auch auf die Quartiergestaltung, Funktionalität, Nutzbarkeit und Akzeptanz ein. Um einen naturnahen Wasserhauhalt herzustellen (oder sich ihm zumindest anzunähern) gilt es, die Versickerung und Verdunstung zu fördern. Für die Region Lübeck liegt der natürliche Wasserhaushalt beispielsweise bei 4.2 % Abfluss, 30.8% Versickerung und 65% Verdunstung.

Frau Kruse machte darauf aufmerksam, dass für die Umsetzung einer wassersensiblen Stadtentwicklung eine frühzeitige interdisziplinäre Zusammenarbeit aus den Bereichen Stadt-, Landschafts- und Verkehrsplanung sowie Wasserwirtschaft unabdingbar ist. Auch muss die Pflege der grünen Infrastruktur von Anfang an miteingeplant und konsequent umgesetzt werden. Hier aber auch der Hinweis, dass auch konventionelle Systeme (wie z.B. unterirdische Versickerungsanlagen (z.B. „Bierkästen-Systeme“) Pflege brauchen, ohne den Aspekt der Verdunstung zu erfüllen.

Auch Konzepte wie multifunktionale Flächengestaltung und temporäre blaue Netzwerke wurden von Frau Kruse diskutiert und anhand von zahlreichen Beispielen illustriert.

Der zweite Vortrag von Stéphanie Smit, Chargé d’Etude beim Wasserwirtschaftsamt in Luxemburg, ergänzte den ersten Vortrag mit Praxisberichten, Good- und Bad-Practice-Beispielen aus Luxemburg und der aktuellen Strategie der AGE. Hier wurde deutlich: Der aktuelle Leitfaden für naturnahen Umgang mit Regenwasser in Siedlungsgebieten (von 2011/2013) passt (noch immer) perfekt in die Klima-Anpassungsstrategie und auch in Luxemburg gibt es Good-Practice-Projekte, die auch schon vor der Zeit des Leitfadens angelegt wurden und noch immer als Vorbild-Projekte gelten.

Aber: Seit es die Vorgabe gibt, dass bei allen neuen PAPs mit einem Regenwasserabfluss von über 40m3 ein Regenwasserrückhaltebecken angelegt werden muss, werden vorrangig umzäunte, schlecht an die Topografie angepasste und/oder betonierte Rückhaltebecken geplant und gebaut.

Eine gute Absicht in der Reglementierung hat in der Praxis zu keinen zufriedenstellenden Resultaten geführt, so dass diese (zurecht) keine Akzeptanz bei der Bevölkerung finden. Daraus entstand auch hier die Einsicht: Ingenieure und Landschaftsplaner müssen von Anfang an in die Planung des PAPs mit einbezogen werden. Zusätzlich ist die AGE bei der PAP-Entwicklung jetzt auch miteingebunden.

Aber auch hier musste leider bei Stichkontrollen festgestellt werden, dass gut ein Drittel der genehmigten Rückhaltebecken nicht richtig umgesetzt wurden. Eine Möglichkeit diesem Trend entgegenzuwirken, wäre z.B. eine bessere Kommunikation zwischen Gemeinde und AGE. Regenwasserrückhaltebecken zählen nämlich zu den min. 25% öffentlicher Fläche, die der Bauherr eines PAPs an die Gemeinde abtreten muss und welche (im Normalfall) dann später auch von der Gemeinde unterhalten wird. Aber auch Schulungen und Weiterbildungen von den technischen Diensten der Gemeinden werden als dringenst notwendig eingestuft.

Im Folgenden stellte Frau Smit noch einige PAPs, die zurzeit in Planung sind, vor und machte auf verschiedene Good-Practice Aspekte aber auch Mängel bzw. verpasste Chancen aufmerksam.
Im Bestand wird hier in Luxemburg noch sehr wenig auf einen naturnahen Wasserhaushalt geachtet. Hier besteht auf jeden Fall noch großes Potential neue Herangehensweisen und Konzepte, wie z.B. das der Schwammstadt oder der Green-Blue-Streets in Pilotprojekten, auszuprobieren und auch großflächig, wo praktikabel, anzuwenden.

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