Oekozenter Pafendall unterzeichnet offenen Brief für eine ambitionierte Mehrwegförderung in der EU

Oekozenter Pafendall und Mouvement Ecologique haben Anfang Juni 2023 gemeinsam mit 80 anderen Organisationen einen Brief unterzeichnet, in dem das Europäische Parlament und der Ministerrat der EU aufgefordert werden, die geplante neue EU-Verpackungsverordnung nicht aufzuweichen. Die Verordnung soll die EU-Verpackungsrichtlinie ersetzen und sah unter anderem Mehrwegquoten für den Take-away-Sektor vor, wogegen sich jedoch eine breite Lobby organisiert hat.   

Initiiert wurde der Brief von der Allianz „Rethink Plastik“ sowie Zero Waste Europe. Das Oekozenter Pafendall ist seit Anfang des Jahres ZWE-Mitglied.

Die Forderungen an die EU-Institutionen lauten:

  • Unterstützung der sektoralen Mehrwegquoten der Europäischen Kommission, auch für den Take-away-Sektor;
  • eine kritische Bewertung von Vergleichen zwischen Mehrweg- und Einwegverpackungen und Infragestellung von undurchsichtigen Methoden und Ergebnissen, Eigeninteressen und unrealistische Annahmen, die zahlreichen Studien zugrunde liegen;
  • Schaffung wirtschaftlicher Anreize für Mehrwegverpackungssysteme (z.B. zweckgebundene Mittel aus Systemen der erweiterten Herstellerverantwortung).

Mehrweg-Verpackungen im Take-Away – Sieben Fakten

Dem Brief wurde ein Faktenpapier beigefügt, in dem sieben Gründe erläutert werden, warum wiederverwendbare Take-away-Verpackungen eine nachhaltige Alternative zu Einwegverpackungen darstellen:

  1. Mehrwegverpackungen für Essen zum Mitnehmen sind klimafreundlicher als Einwegverpackungen: Die Emissionen, die durch wiederverwendbare Verpackungen verursacht werden, verteilen sich über ihren gesamten Lebenszyklus, und zwar entsprechend der Anzahl der Umläufe, die sie durchlaufen, bis zu einem bestimmten Break-even-Punkt (z.B. schneiden Mehrweg-Plastikbecher bereits nach 10 Umläufen und Mehrweg-Essensboxen nach durchschnittlich 13-15 Umläufen besser ab als alle gängigen Einwegalternativen).
  2. Für die Reinigung von Mehrwegverpackungen zum Mitnehmen wird weniger Wasser verbraucht als für die Herstellung von Einwegverpackungen: Nach mehreren unabhängigen Untersuchungen ist der Wasserverbrauch bei der Herstellung von Einwegverpackungen zum Mitnehmen höher als der Reinigungsaufwand für Mehrwegverpackungen.
  3. Wiederverwendbare Verpackungen zum Mitnehmen werden recycelt, während das häufigste Entsorgungsszenario für Einwegverpackungen zum Mitnehmen die Verbrennung ist: Die Produktion und die Entsorgung von Mehrwegverpackungen im Rahmen von Wiederverwendungssystemen finden im Allgemeinen in einer kontrollierten Umgebung statt, da sie in einem System arbeiten, das einen wirtschaftlichen Anreiz zur Rückgabe des Artikels bietet. Wenn die Verpackung also ihr Lebensende erreicht hat, kann sie direkt an den Systembetreiber zurückgeschickt werden, was einen sicheren und sauberen Abfallstrom garantiert. Im Gegensatz dazu werden Einwegverpackungen zum Mitnehmen in der Regel in gemischten Abfallbehältern entsorgt, entweder unterwegs oder beim Vor-Ort-Verzehr, oder sie werden in der Umwelt entsorgt.
  4. Die Förderung von „Bring your own“-Verpackungen wird nicht ausreichen, um den Übergang zu einem kreislauforientierten Verpackungssektor zu schaffen: „Bring your own“ ist nach wie vor ein Konzept für eine Nische von hoch motivierten Verbraucher:innen, das aber nicht ausreicht, um die Wettbewerbsbedingungen zwischen Einweg- und Mehrwegverpackungen anzugleichen; selbst wenn den Verbraucher:innen, die ihre eigene Behälter mitbringen, ein Preisnachlass angeboten wird, ist dieser oft nicht signifikant genug, um diese Praxis zu fördern. Daher kann „bring your own“ zwar als ergänzende Maßnahme zu den Wiederverwendungsquoten angesehen werden, aber reicht aber nicht aus, um die Zunahme von Einwegverpackungen zum Mitnehmen zu bekämpfen.
  5. Die sichere Wiederbefüllung von Mehrwegverpackungen ist unter Einhaltung der Hygienestandards möglich: Die Wiederbefüllung von „Bring your own“- oder Mehrwegverpackungen kann in einem Wiederverwendungssystem unter Berücksichtigung der Hygienestandards gut umgesetzt werden. Erstens regelt das Lebensmittelhygienerecht (Verordnung (EG) 852/2004) diese Praxis bereits, da es alle Aspekte der Hygiene in allen Lebensmittelunternehmen abdeckt. Zweitens garantiert eine geeignete Infrastruktur/Logistik die Einhaltung der Hygienestandards in Mehrwegverpackungssystemen während des gesamten Prozesses (Vertrieb, Rücknahme, Waschen und Wiederbefüllung der Verpackungen).
  6. Papierverpackungen üben Druck auf die Wälder aus und sind nicht immer recycelbar: In der EU wird inzwischen die Hälfte des gesamten produzierten Papiers für Verpackungen verwendet, und weltweit werden jährlich drei Milliarden Bäume gefällt, um die Nachfrage nach Papierverpackungen zu decken. Zusätzlich zu diesem Druck auf die Wälder werden Papierverpackungen oft mit anderen Materialien wie Kunststoff und Aluminium beschichtet, was nicht nur mehr Abfall erzeugt, sondern auch das Recycling erschwert. Außerdem sind diese Verpackungen häufig mit Lebensmitteln verunreinigt, was ein Recycling unmöglich macht, so dass sie meist auf Mülldeponien landen oder verbrannt werden.
  7. Best Practices für die gesamte EU: Bestehende Rechtsvorschriften und gut eingeführte Mehrwegsysteme in fortschrittlichen Mitgliedstaaten: Viele Mitgliedstaaten haben in ihren nationalen Rechtsvorschriften bereits spezifische Maßnahmen zur Förderung oder Vorschrift von Mehrwegverpackungen für den Take-away- und Horeca-Sektor eingeführt, darunter Frankreich, Portugal, die Niederlande, Luxemburg und Deutschland. Außerdem gibt es in ganz Europa bereits zahlreiche Initiativen für Mehrwegverpackungen für Speisen und Getränke zum Mitnehmen.
(Eigene Übersetzung des Oekozenter Pafendall)

 

Den offenen Brief, das Faktenpapier sowie weitere Informationen finden Sie unter: https://rethinkplasticalliance.eu

https://rethinkplasticalliance.eu/news/rethink-plastic-alliance-and-79-organisations-are-calling-for-well-designed-reuse-systems-in-the-ppwr-revision-to-reduce-packaging-waste/