Energiewochen-Bericht 2023 – Reduzierung der grauen Energie im Baubereich
Während der diesjährigen Energiewochen konnten sich über 100 Teilnehmende bei vier Gebäudebesichtigungen und einem Webinar mit verschiedenen Ansätzen und konkreten Beispielen zur Reduzierung der grauen Emissionen im Baubereich vertraut machen.
Der Baubereich, der für knapp die Hälfte der globalen Treibhausgasemissionen (hier immer als CO2 Äquivalent – CO2e ausgedrückt) verantwortlich ist, stellt eine der zentralen Stellschrauben in der Bekämpfung des Klimawandels dar. Vor dem Hintergrund, dass die globalen CO2e-Emissionen im Prinzip in den nächsten 10 Jahren um 83% reduziert werden müssen, um die 1,5° Erderwärmung bis 2050 einzuhalten, wird deutlich, dass vor allem im Baubereich dringender Handlungsbedarf geboten ist.
Dabei sind unter denen vom Bausektor bedingten CO2e Emissionen allein 27% dem Gebäudebetrieb zuzuordnen. Allerdings nehmen diese Emissionen bereits seit Jahren dank gesetzlich geforderter Mindest-Energieeffizienzstandards und dem Einsatz von erneuerbaren Energien stetig ab. So stellten 2009 die operativen Emissionen eines DGNB zertifizierten Gebäudes 70% der Gesamtgebäudeemissionen dar, während ihr Anteil 2015 noch bei 60% lag. Demgegenüber braucht es bei den grauen Emissionen, die durch die Materialherstellung, den Bau- und Rückbau sowie durch die Entsorgung des Gebäudes entstehen, noch ein grundlegendes Umdenken.
Als Einführung in die Thematik fand am 4. Oktober ein Webinar mit der Tragwerksplanerin Jana Nowak unter dem Titel Die Bauwende im Planungsbüro – Nachhaltigkeit im Gebäudeentwurf statt. Sie zeigte auf, wie die grauen Emissionen im Gebäudebereich über eine vorausschauende Gebäudeplanung wesentlich reduziert werden können. Alle Details zu diesem Webinar finden Sie in einem separaten Bericht.
Vorreiter-Gebäude für emissionsarmes Bauen
In der zweiten Energiewoche wurde das Bürogebäude der Naturverwaltung in Diekirch und das Lyçée pour professions de santé in Ettelbrück besichtigt. In beiden Fällen ist die Administration des bâtiments publics Bauherr gewesen und in beiden Fällen wurde im Vorfeld eine Studie unternommen, um die grauen Emissionen verschiedener Ausführungsvarianten miteinander zu vergleichen und hier eine bewusste Entscheidung zugunsten der emissionsärmeren Variante zu treffen. Beide Projekte vereint, dass in den Obergeschossen nur der Kern, also das Treppenhaus und die Versorgungseinrichtungen, in Beton ausgeführt wurde und die restlichen Nutzflächen mit Holz gebaut wurden. Das Gebäude der Naturverwaltung ist unterkellert, wofür allerdings natürlich auch Beton verwendet wurde. Demgegenüber hat man bei dem Lyçée in Ettelbrück die Haustechnik- und Lagerflächen im Dachgeschoss untergebracht, um eben auf den Beton im erdberührten Bereich verzichten zu können. In beiden Gebäuden wurde auch weitestgehend auf tragende Innenwände verzichtet, um die Grundrisse möglichst flexibel für eine eventuelle spätere Umnutzung zu halten.
In dem Projekt der Krippe hat die Gemeinde versucht, weitestgehend auf lokale Baumaterialien und auf reversible Konstruktionsverbindungen, d.h. Verbindungen, die einen schadensfreien Rückbau des Gebäudes erlauben, zu setzen. Ziel war es, die grauen Emissionen des Gebäudes so gering wie möglich zu halten und dem Gebäude bzw. seinen Bestandteilen eine möglichst lange Nutzungsphase bzw. Lebensdauer zu gewähren. So wurde der Holzbau überwiegend mit Hölzern aus den eigenen Wäldern errichtet und die nichttragenden Innenwände aus ungebrannten Lehmziegeln mit ortseigenem Lehm ausgeführt. Auch wird ein wiederaufbereitetes Eichenparkett aus dem ehemaligen Café de l’Amérique hier zu neuem Glanz finden.
Bei dem Pilotprojekt im Lyçée Michel Lucius wurden beim Umbau von zwei Nebengebäuden einige Prinzipien der Kreislaufwirtschaft umgesetzt, indem alle vorhandenen und noch verwendbaren Baumaterialien entweder direkt für den Umbau wiederverwendet oder auf anderen Baustellen eingesetzt wurden. Der Erfahrungsbericht des Bauherrn (ABP) über die Bestandsaufnahme, das Ausschreibungsverfahren, über die Logistik des Abbaus und der Zwischenlagerung der Baustoffe sowie über die Zusammenarbeit mit den Baufirmen auf diesem noch neuen Feld war sehr aufschlussreich und anregend.
Während es sich bei diesen Beispielen um öffentliche Verwaltungs- und Bildungseinrichtungen handelt, sind die Ansätze auch auf den Wohnungsbau übertragbar. So ist zu hoffen, dass es nicht bei einzelnen Pilot- und Vorzeigeprojekten bleibt, sondern die vielfältigen Erfahrungen von Architekt:innen, Ingenieurbüros, öffentlichen und privaten Bauherren genutzt werden, damit sich energie- und ressourcenschonendes Bauen in Luxemburg zunehmend durchsetzen kann.
Die Bauberatung wird auf jeden Fall das Thema und damit verbundene Hürden, allgemeiner oder rechtlicher Natur, weiterverfolgen. Unsere Bauberaterin Thécla Kirsch steht allen interessierten Akteuren gerne für weitere Informationen zur Verfügung: bauberatung@oeko.lu
Das Oekozenter Pafendall hat die Energiewochen auch dieses Jahr wieder in Zusammenarbeit mit dem Mouvement Ecologique, mit finanzieller Unterstützung des Ministeriums für Wohnungsbau sowie zusätzlich unter der Schirmherrschaft der Ministerien für Umwelt und Energie organisiert. Wir danken auch der Verwaltung für öffentliche Bauten sowie den zuständigen Gemeinden und Einrichtungen für ihre unentbehrliche organisatorische Unterstützung.